Holländische Küste mit dem Fahrrad (9.6. – 15.6.2015)
Holland das „Fietseland“ schlechthin. Fietse heisst Velo und ist hier das beliebteste Transportmittel. Wo sonst, wenn nicht in Holland starten wir unsere erste grosse Velotour!?
Holland hat ein 30’000 km langes Fahrradrouten-Netz mit häufig durch die Natur führenden Radwegen. In den Städten haben Fahrräder meist Vortritt, Radwege und Beschilderungen sind hervorragend.
Typisch und allgegenwärtig ist das bekannte Hollandrad. Es ist ja so was von elegant, es zeichnet sich durch eine aufrechte Sitzposition des Fahrers aus und hat den Ruf, besonders robust zu sein. Geschäftsleute mit Aktentaschen, Schüler mit schweren Schultaschen und Mütter mit ihren Kindern und den Einkäufen sehen wir hoch zu Rad. Besonders fallen uns die schönen, blonden velofahrenden Holländerinnen auf.
So genug geschwärmt, denn wir konzentrieren uns ja nun auf den Nordsee-Küstenradweg LF1 und LF10, auch bekannt unter North Sea Cycle Route.
Er führt uns in der ersten Woche entlang der niederländischen Küste von Amsterdam nach Bad Nieuweschans, zur Deutschen Grenze Total 380 km. Von Basel nach Amsterdam fahren wir übrigens bequem mit dem Nachtzug (CityNightLine).
Holland ist topfeben und der Wind ist unser ständiger Begleiter. Mal weht er von vorne, mal von hinten … aber am liebsten haben wir in natürlich von hinten. Die ersten 4 Tage radeln wir gegen den Wind und sind nach 40 km schon am ziemlich müde. Hingegen sind an Windstillen- oder Rückenwind-Tagen 60-80 Tages Kilometer problemlos drin. Drei bis viereinhalb Fahrstunden pro Tag sind für uns derzeit ideal.
Tages-Etappen:
08.06.15 Basel – Amsterdam (CityNightLine)
09.06.15 Amsterdam – Alkmaar (02:53 h / 45.50 km)
10.06.15 Alkmaar – Callantsoog (02:48 h / 46.60 km)
11.06.15 Callantsoog – Zurich (04:23 h / 73.46 km)
12.06.15 Zurich – Holwert (04:05 h / 69.06 km)
13.06.15 Holwert – Westernieland (02:58 h / 59.82 km)
14.06.15 Westernieland – Bad Nieuweschans (04:31 h / 82.40 km)
15.06.15 Ruhetag
Über Stadt und Land
Amsterdam empfängt uns mit leichtem Regen. Wir sind fasziniert von den vielen Fahrradfahrern und den Fahrrad-Parkplätzen. Diese Holländer haben in Sachen Fahrrad-Infrastruktur wirklich nicht gespart.
Bald schon sind wir auf der beschilderten Route, in Richtung Küste auf dem Radfernweg LF1. Kanäle, Fähren, Schleusen, Windmühlen, Blumen- und andere Felder sowie historische Städtchen machen die Fahrt abwechslungsreich.
Das Hotel Stad en Land in Alkmaar, die Käsestadt, wartet mit einem grossen Zimmer auf uns. Das Städtchen selber ist wunderschön und lädt zum bummeln und fein essen ein. Jeweils freitags wäre der Käsemarkt, diesen haben wir leider verpasst.
Wie immer auf reisen, haben wir gute Reise- oder Routenbücher dabei und gehen bei der Hotelauswahl spontan und intuitiv vor. Wir bekommen immer ein Zimmer, auch wenn es dann oft das letzte ist, wie sich zeigen wird.
Über Dünen und Badehosen
Das Wetter hat sich gebessert und wir fahren in der Sonne aber mit Frontalwind durch herrliche Dünenlandschaft. Lange Strände und hübsche Badeorte lassen wir links an uns vorbeiziehen. Hartgesottene Holländer lassen sich von den kalten Wassertemperaturen nicht vom Baden abhalten … brrr, definitiv nichts für uns!!
Das Strand Hotel de Horn in Callantsoog durfte sein letztes freies Zimmer an uns vermieten, welch ein Glück. Der Ort erinnert stark an Sylt, schicke Restaurants und „Klim-Bim“ Läden lassen das Touristenherz höher schlagen. Das „lädele“ ist für uns leider nicht drin, da kein Platz ist in den Satteltaschen…!
Über den Abschlussdeich nach Zurich
Krampfhaft haben wir nach Alternativen für den bevorstehenden Routenabschnitt gesucht. Gerne wäre wir über die Inseln Texel, Vieland und Terschelling nach Harlingen gelangt. Aber leider ist die Fährverbindung schlecht und wir hätten mehrere Tage warten müssen.
Also heisst es in den sauren Apfel beissen und die 32km über den Sperrdamm genannt Abschlussdeich (Afsluitdijk) zu radeln. Er bildet die Grenze zwischen den Gebieten Nord-Holland und Südwest-Friesland und trennt das Wattenmeer vom Ijsselmeer.
Ohne Wind oder mit Rückenwind könnte man die langweilige Strecke, der Strasse entlang in rund 1 Std. schaffen. Wir haben Pech mit dem Wind und brauchen 2.5 Std. Immerhin ist es sonnig und unsere nächste Schlafstelle ist so toll und nett, dass wir es schon bald wieder vergessen.
Zurich heisst der kleine Ort und das einzigen Hotel heisst Hotel De Steenen Man. Und wer es nicht glaubt, aber auch hier ist gerade noch 1 Zimmer frei. Offenbar kam im TV SRF mal ein Bericht über den Ort und das Hotel, seit dem reisen viele Zürcher hierher und verewigen sich im Gästebuch. Wirklich witzig! Tjerk & Astrid, die Gastgeber, sind übrigens ausgesprochen freundlich und hilfsbereit.
Über Fliesen nach Holwert
Schafe und Schäfchen säumen oft den Küsten-Radweg. Sie stehen oder liegen faul am Wegrand und schauen uns gemächlich zu wir über ihre Exkremente radeln, wobei wir vom Duft (davon) beinahe abheben… Abgesehen davon ist es ein herrliches Bild und lässt unser Herz „erglücken“.
Nebst der typischen Landschaft, den Windmühlen und der historischen Altstadt ist Harlingen der Ursprungsort der friesischen Fayencen und Fliesen aus Keramik. Wir besuchen die kleine Manufaktur im Ort und kaufen ein kleines Andenken.
Über Rückenwind und Gastfreundschaft
Etwas ist heute deutlich anders: die Räder laufen fast von alleine. Wir haben Rückenwind und sind begeistert! Leichter Regen und die kühlere Temperatur nehmen wir dafür gerne in Kauf.
Wir brausen vorbei an grossen Gehöften mit meist wunderschönen reetgedeckten Dächern. Wie schon zuvor sehen wir viel Landwirtschaft, vor allem sind es Kartoffelfelder.
Auch heute verpflegen wir uns um die Mittagszeit mit einem leichten Pick-Nick.
Bald erreichen wir Westernieland und steuern das Hotel de Oude Smidse an, welches in unserem Routenführer aufgelistet ist.
Der freundliche Empfang von Yvonne der Besitzerin ist schön. Wir fühlen uns sofort wohl und geniessen später einen ausgezeichneten Kabeljau mit einem Gläschen Rotwein. Da gönnen wir uns doch mal was, es ist ja schliesslich Samstagabend!
Über Grumpy old Ladies
Unterwegs machen wir eine nette Bekanntschaft mit Carol, einer Engländerin. Sie radelt den Küsten-Radweg alleine für 3 Monate bis hoffentlich Norwegen. Die Fahrt zu dritt ist kurzweilig und amüsant. So erfahren wir einiges über Carol. Mutter von 2 erwachsenen Kindern wurde als Lehrerin frühpensioniert und geniesst seitdem teils mit Ehemann, teils alleine ausgiebig das Reisen. Sie ist in Ihrer Gemeinde politisch aktiv und demonstriert ab und an gerne öffentlich für oder gegen umstrittene Projekte. Und meint, dass sie sicherlich oft als „grumpy old Lady“ bezeichnet wird.
Da heute kein Wind wehte haben wir im nu über 80km auf dem Tacho und den Zielort Bad Nieuweschans erreicht.
Wir finden das Motel Paradiso und mieten uns im Studio de Luxe ein, welches eine kleine Küche hat.
Eine Woche ist vergangen und wir gönnen uns das erste mal 2 Nächte am selben Ort inkl. Ruhe-Tag. Auch Wäsche muss mal gewaschen werden. So wollen wir uns heute auch Zeit nehmen um die Fotos auszusortieren und den ersten Blog-Bericht zu schreiben. Et voilà !!